Das neue Familienverfahrensgesetz – Möglichkeiten bei Trennung und Scheidung

Das neue FamFG

(Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit)

Zusammenfassung des Vortrags vom 05. Oktober 2009 von Rechtsanwältin Ute Mix

1. Ehesachen / Scheidung

Mit dem neuen FamFG, das zum 01.09.2009 in Kraft getreten ist, erfolgte eine Zusammenfassung verschiedener familienrechtlicher Bestimmungen und Gesetze in ein Gesetz.
Der Gesetzgeber versucht auch Harmonie durch beschönigende Wortwahl zu fördern.
Aus dem bedrohlichen Begriff der „Klage“ wird im FamFG der harmlose „Antrag“, es wird kein „Urteil“ mehr gefällt, sondern nur noch ein „Beschluss“ bekannt gegeben, „Parteien“ sind nur noch „Beteiligte“, an die Stelle der bisherigen Berufung ist die Beschwerde getreten.
Der Scheidungsantrag ist jetzt ausführlicher zu formulieren, insbesondere müssen Namen, Geburtsdaten und der gewöhnliche Aufenthalt gemeinsamer minderjähriger Kinder angegeben werden.
Die Zuständigkeit des anzurufenden Gerichts ist zugunsten des kinderbetreuuenden Ehegatten erweitert worden (§ 122 FamFG). Die Zustimmung zur Scheidung sowie deren Widerruf und die Rücknahme des Scheidungsantrags unterliegen nicht dem Anwaltszwang.
Das Gericht kann die Teilnahme an einem Informationsgespräch über Mediation oder sonstige außergerichtliche Streitbeilegung anordnen. Sanktion bei Nichtbeachtung ist eine eventuelle Kostenmehrbelastung. Die Anhörung eines Ehegatten kann auch in Abwesenheit des anderen Ehegatten erfolgen.
Wenn beabsichtigt ist, eine Folgesache in den Scheidungsverbund zu bringen, ist eine Antragstellung spätestens zwei Wochen vor mündlicher Verhandlung in der Ehescheidungssache anhängig zu machen.

2. Unterhalt

§§ 231-260 FamFG
Ausgeweitet werden die Regelungen zur verfahrensrechtlichen Auskunftspflicht der Beteiligten (§ 235 FamFG). Das Gericht hat auf Antrag eines Beteiligten selbst gegen den Auskunftspflichtigen vorzugehen, wenn dieser einer vorgerichtlichen Aufforderung zur Erteilung von Auskünften nicht nachgekommen ist.
Es ist dringend zu empfehlen, im Unterhaltsverfahren einen Antrag zu stellen, dass das Gericht anordnet, dass der Auskunftsverpflichtete Auskunft über seine Einkünfte, sein Vermögen und sonstige persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erteilt sowie bestimmte Belege vorlegt, die für die Bemessung des Unterhalts von Bedeutung sein können.
Das Gericht kann anordnen, dass der Antragsteller und der Antragsgegner schriftlich versichern, dass die Auskunft wahrheitsgemäß und vollständig ist.
Kommt ein Beteiligter innerhalb der hierfür gesetzten Frist der Auskunftsverpflichtung nicht oder nicht vollständig nach, kann das Gericht über die Höhe der Einkünfte Auskunft und Belege anfordern bei
Arbeitgebern,
Sozialleistungsträgern,
sonstigen Personen,
oder Stellen, die Leistungen zur Versorgung im Alter zahlen,
Versicherungsunternehmen, oder
Finanzämtern.
Vereinfacht wurde auch die Möglichkeit, eine Herabsetzung von Unterhalt zu verlangen.
Vor der Gesetzesreform war es erst möglich, eine Herabsetzung des Unterhalts zu verlangen, wenn eine Klage bereits bei Gericht erhoben wurde. Jetzt reicht es aus, wenn (außergerichtlich) ein Herabsetzungsverlangen geltend gemacht und nachgewiesen wird (§ 238 FamFG).
Für eine mehr als ein Jahr vor Rechtshängigkeit liegende Zeit kann eine Herabsetzung allerdings nicht verlangt werden.

3. Elterliche Sorge – Umgang

Umgangsverweigerungen sollen künftig besser verhindert werden. Das neue Gesetz sieht vor, das Gerichte Ordnungsgelder gegen umgangsverweigernde Eltern verhängen.
Außerdem gibt es die Möglichkeit, einen Umgangspfleger zu bestellen, der in schwierigen Konflikten sicherstellen soll, dass Kontakte des Kindes zum Umgangsberechtigten nicht abbrechen.
Eine Beschleunigung von Sorge- und Umgangsverfahren ist vorgesehen und auch die einvernehmliche Lösung des Konfliktes soll beim Gericht im Vordergrund stehen.
Nach § 89 FamFG kann das Gericht bei Zuwiderhandlungen gegen einen Vollstreckungstitel zur Herausgabe des Kindes Ordnungsgeld (das den Betrag von 25.000,00 € nicht übersteigen darf) und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft anordnen.
Die Anwendung unmittelbaren Zwangs gegen ein Kind darf nicht zugelassen werden, wenn das Kind herausgegeben werden soll, um das Umgangsrecht auszuüben.
Verfahrenskostenhilfe (früher Prozesskostenhilfe):
Leider sieht das neue Gesetz jetzt vor, dass in den Angelegenheit die elterliche Sorge und den Umgang betreffend nicht notwendigerweise Verfahrenskostenhilfe bewilligt wird. Die Beiordnung einer Rechtsanwältin / eines Rechtsanwalts erfolgt ausschließlich bei besonderer Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage, wobei die Schwere des Eingriffs in die Rechte eines Beteiligten nicht berücksichtigt wird. Dies bedeutet, dass dringend zu empfehlen ist, in den Verfahren elterliche Sorge/Umgang bei Antragstellung ausführlich über die Schwierigkeit und Sach- und Rechtslage vom Anwalt darlegen zu lassen.

4. Versorgungsausgleich

Das neue Versorgungsausgleichsrecht verspricht mehr Gerechtigkeit bei den Teilungsergebnissen. Es eröffnet größere Spielräume für die Parteien.
Zukünftig wird jedes Rentenanrecht separat geteilt. Geteilt wird grundsätzlich im jeweiligen Versorgungssystem.
Eine Teilung findet in der Regel dann nicht statt, wenn die Ehe kurz war. Als kurze Ehezeit gilt eine Ehe von bis zu drei Jahren. Der Versorgungsausgleich findet dann nur statt, wenn ein Ehegatte dies beantragt. Dies hat den Vorteil, dass eine schnelle Scheidung möglich ist. Zu bedenken ist hierbei, dass hierbei ggf. auf erhebliche Werte verzichtet wird.
Vereinfacht werden auch Vereinbarungen zum Versorgungsausgleich, die vor der Gesetzesreform gerichtlich zu genehmigen waren. Eine Vereinbarung zum Versorgungsausgleich ist entweder möglich durch notarielle Beurkundung oder aber alternativ durch gerichtliche Protokollierung im Scheidungsverbundverfahren.
Für den Fall, dass vor Einreichung eines Scheidungsantrages eine Vereinbarung zum Versorgungsausgleich geschlossen wird, ist die vorher notwendige Jahresfrist nicht mehr einzuhalten.

5. Zugewinnausgleich

Mit der Reform soll sichergestellt werden, dass der wirtschaftliche Erfolg aus der Ehe tatsächlich auf beide Ehepartner verteilt wird und Manipulationen der Ausgleichsbilanz verhindert oder zumindest erschwert werden.
Es soll sichergestellt werden, dass beide Ehegatten an dem, was sie während der Ehe erworben haben, je zur Hälfte beteiligt werden.
Das Gesetz sieht vor:

  • 1. Berücksichtigung eines negativen Anfangsvermögens (§ 1374 BGB)
  • 2. Stärkung der Auskunftsrechte durch Anspruch auf Vorlage von Belegen (§ 1379 BGB) und Auskunft auf den Trennungszeitpunkt bezogen
  • 3. Verbesserung des vorläufigen Rechtsschutzes gegen unredliche Vermögensverschiebungen.

Hierzu im Einzelnen:

Berücksichtigung eines negativen Anfangsvermögens (AV):
Das neue Gesetz führt ein negatives Anfangsvermögen ein und erhöht damit die Ausgleichsforderung des berechtigten Ehegatten. Der ausgleichsberechtigte Ehegatte partizipiert an der von ihm mit erwirtschafteten Schuldentilgung zur Hälfte.
Beispiel nach neuem Recht: M. hat bei Eheschließung Verbindlichkeiten von 40.000,00 € und erzielt einen Vermögenszuwachs von 120.000,00 €. Sein Endvermögen (EV) beträgt 80.000,00 €. F. hat bei Eheschließung keine Verbindlichkeiten und ein EV von 120.000,00 €. Unter Berücksichtigung des negativen AV hat M. ebenfalls einen Zugewinn von 120.000,00 € erzielt, sodass wechselseitig kein Ausgleichsanspruch besteht.
Nach altem Recht hätte M. einen Ausgleichsanspruch in Höhe von 20.000,00 € gegenüber F.
Stärkung der Auskunftsrechte durch Anspruch auf Vorlage von Belegen und Auskunft auf den Trennungszeitpunkt bezogen (§ 1379 BGB)
Die neue Regelung enthält drei bedeutsame Neuregelungen – Erweiterung des Auskunftsanspruchs auch über den Bestand des Vermögens zum Zeitpunkt der Trennung.

  • 1. Auskunftsanspruch über das Anfangsvermögen und
  • 2. Einführung eines Anspruchs auf Belegvorlage.

Um Vermögensverschiebungen zwischen Trennung und Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages (Stichtag) zu vermeiden oder einzudämmen, wird für den Ausgleichsgläubiger ein Anspruch auf Auskunft zum Zeitpunk der Trennung eingeführt, um den derzeit nur unzureichenden Schutz vor vorgetäuschten oder verschleierten Vermögensverschiebungen des anderen Ehegatten zu verbessern.
Durch einen Vergleich der Vermögensbilanzen zum Zeitpunkt der Trennung und der Rechtshängigkeit werden Veränderungen im Bestand sichtbar.
Außerdem wird jetzt ein Anspruch auf Vorlage von Belegen im Zugewinnausgleichsverfahren eingeführt, so dass schon vor Klageerhebung die Angaben des Auskunftspflichtigen über prüft und kontrolliert werden können.
Vorzeitiger Ausgleich des Zugewinns:
Der ausgleichsberechtigte Ehegatte kann vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns bei vorzeitiger Aufhebung der Zugewinngemeinschaft verlangen, wenn:

  • 1. die Ehegatten seit mindestens drei Jahren getrennt leben oder
  • 2. der andere Ehegatte längere Zeit seine die wirtschaftlichen Verpflichtungen, die sich aus dem Eheverhältnis ergeben, schuldhaft nicht erfüllt (z.B. Unterhaltspflichtverletzungen) oder
  • 3. der andere Ehegatte sich beharrlich weigert, Auskunft über den Bestand seines Vermögens zu geben.

Taktik:

Bei Anhaltspunkten, dass das ursprüngliche Vermögen des Ausgleichspflichtigen nicht mehr im früheren Umfang vorhanden ist, muss deshalb der Güterstand der Zugewinngemeinschaft schnellstmöglich beendet werden, z.B. durch die Erhebung einer Klage auf vorzeitigen Zugewinnausgleich.

Ute Mix (Rechtsanwältin)


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