Die bulgarische Mutter und der deutschen Vater trennten sich kurz nach der Geburt ihrer Tochter 2005, die Scheidung beantragten sie 2008. Das Kind lebte bei der Mutter, sie hatte auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Das Familiengericht hat die gemeinsame elterliche Sorge der Eltern aufgehoben und der Mutter – über das ihr bereits zustehende Aufenthaltsbestimmungsrecht hinausgehend – nach § 1671 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 BGB die Alleinsorge für die Tochter übertragen. Bei der Auflösung der gemeinsamen Sorge zählt allein das Kindeswohl. (BVerfG FF 2009, 416; vgl. auch BGH FamRZ 2005, 1167). Dem dient § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB, der bestimmt, dass einem Elternteil auf Antrag die elterliche Sorge allein zu übertragen ist, wenn zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den antragstellenden Elternteil dem Wohl des Kindes am besten entspricht (vgl. BVerfG FF 2009, 416; BGH FamRZ 2010, 1060 m. Anm. Völker). Bei der Anwendung dieser Vorschrift haben die Richter eine Entscheidung zu treffen, die sowohl die beiderseitigen Grundrechtspositionen der Eltern als auch das Wohl des Kindes und dessen Individualität als Grundrechtsträger berücksichtigt. Der Vater hat gegen die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge Beschwerde eingelegt. Die blieb jedoch ohne Erfolg. Denn der Vater bringt der Mutter nicht einmal in Grundzügen Vertrauen entgegen, sondern würdigt sie ständig und massiv herab. Das Einvernehmen der Eltern in den Grundlinien der Erziehung fehlt hier vollständig. Das ist aber notwendig für die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge.
Az 6 UF 6/11, Beschluss vom 1.4.2011
OLG Saarbrücken: Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge
Weitere Artikel aus dieser Kategorie
- OLG Hamm: Besorgnis der Befangenheit in einer Kindschaftssache
- OLG Karlsruhe: Freistellungsanspruch für den Zugewinnausgleich
- OLG Oldenburg: Wirksame Zustellung einer Umgangsvereinbarung
- OLG Brandenburg: Gesteigerte Erwerbsobliegenheit für Unterhaltsschuldner
- OLG Celle: Teilweise Unwirksamkeit eines Ehevertrags
- OLG Hamburg: Beiordnung von mehreren Rechtsanwälten in einem Verfahren