OLG Karlsruhe: Sorgerechtliche Maßnahmen bei Schulverweigerung

Die Weigerung der Eltern zum Schulbesuch des Kindes stellt auch dann eine Kindes­wohl­gefährdung dar, wenn die Eltern für eine anderweitige Wissensvermittlung sorgen. Stellen die Eltern aber in Aussicht, künftig für den Schulbesuch zu sorgen, genügt eine entsprechende gerichtliche Auflage zur Sicherstellung des Schulbesuchs.

Denn der Schulbesuch stellt eine wichtige Komponente in der Entwicklung des Kindes zu einer selbstverantwortlichen Persönlichkeit und für die gleichberechtigte Teilhabe des Kindes an der Gesellschaft dar. Dies ist hier insbesondere deshalb maßgeblich, weil das Kind außerhalb des engsten Familienkreises keine sozialen Kontakte hat. Daher ist es unerheblich, dass das Kind von den Eltern beschult wird. Dies kann eine Kindeswohlgefährdung nicht beseitigen, da es an den sozialen Kontakten fehlt.
Da die Eltern aber einen künftigen Schulbesuch in Aussicht gestellt haben, ist es ausreichend, eine Auflage zu erteilen, um den künftigen Schulbesuch sicherzustellen. Diese Auflage ist auch notwendig, weil den Eltern ein ausreichendes Bewusstsein für die Bedeutung des Schulbesuchs für die Entwicklung des Kindes fehlt.

Da hier der Schulbesuch seit langer Zeit ausgesetzt ist und es dem Jugendlichen in seiner sozialen Isolation ersichtlich nicht gut geht, kann der Ausgang eines Hauptsacheverfahrens nicht abgewartet werden. Das Familiengericht und das Jugendamt werden gebeten, die Einhaltung der erteilten Auflage zeitnah (nach einigen Wochen, spätestens nach zwei Monaten) und dann in regelmäßigen Abständen zu überprüfen.
Sollte eine Anbahnung des Schulbesuches und dessen Sicherstellung nicht gelingen, wäre seitens des Familiengerichts zum einen im vorliegenden einstweiligen Anordnungsverfahren gem. § 54 Abs. 1 FamFG zu prüfen, welche weiteren vorläufigen sorgerechtlichen Maßnahmen zu treffen sind.

Az 5 UF 188/22

Beschluss vom 25.1.2023


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