Neue Strategien im Scheidungskrieg

Unterhaltsrecht – 2008

Das geänderte Unterhaltsrecht bringt seit Januar 2008 viele Neuerungen.. Um rechtliche Nachteile zu vermeiden und Vorteile zu nutzen, ist eine individuelle fachanwaltliche Beratung sehr zu empfehlen. Die Presse hat hierzu umfangreich berichtet; und u.a. auch Rechtsanwältin Mix (Bremen) um eine Einschätzung gebeten, die auszugsweise im folgenden Artikel ( Die Welt, vom 19.02.2008) dargestellt ist.

Das geänderte Unterhaltsrecht birgt Nachteile für die Ex-Frau und stellt die neue Familie eines Mannes besser. Doch vor Gericht haben Frauen trotzdem eine Chance – wenn sie glaubhaft machen können, dass beide die traditionelle Rollenverteilung befürworteten.
Kirsten Ahlers* aus München wartet. Sie wartet auf die Scheidung von ihrem Mann, über den sie mit einer Mischung aus Wut und Verachtung spricht. “Er hat mich 20 Jahre lang belogen und betrogen”, sagt die 48-jährige, die nie einen Beruf erlernt hat. Geheiratet hat sie den heute 55-jährigen Physiker 1982 und brachte ein Kind mit in die Ehe. Sieben weitere Kinder bekam Ahlers mit ihrem Mann. Doch 2002 deckte sie auf, dass er alle die Jahre zahllose Affären hatte.
Drei Kinder wohnen bereits alleine, mit den fünf anderen lebt Kirsten Ahlers im eigenen Haus des Paares. Der Noch-Ehemann ist 2007 ausgezogen und hat angeblich keine Zeit, sich mit um die Kinder zu kümmern. Seinen sechs Kindern zahlt er insgesamt 1500 Euro im Monat. Dazu kommen 870 Euro Kindergeld vom Staat. Ahlers: “Das Geld reicht nur fürs Essen, neue Schuhe sind nicht drin.” Allein die Tilgung der Hypothek, Wasser, Strom und Krankenversicherung kosten rund 900 Euro im Monat.

Das neue Scheidungsrecht

Vor einigen Tagen hat der Anwalt des Mannes verkündet, sie müsste ab Mai arbeiten. Dabei ist der Jüngste gerade mal fünf Jahre alt. Nach dem alten Unterhaltsrecht hätte die Mutter zu Hause bleiben dürfen, bis der Junge mindestens acht ist. Unter den neuen, seit Anfang Januar geltenden Regeln, riskiert sie einen Prozess.

So wie Kirsten Ahlers fürchten sich zurzeit viele Frauen vor einem zweiten Scheidungskrieg. Vor allem Ex-Frauen, die während der Ehe nur Küche und Kinder versorgt haben, stehen durch das reformierte Unterhaltsrecht oft schlechter da als zuvor. Denn neuerdings haben die Ansprüche der Kinder Vorrang, auch wenn sie aus einer neuen Beziehung kommen. Die Ex muss den Rest des Geldes also jetzt mit ihrer Nachfolgerin teilen, sofern auch diese ein Kind des Mannes betreut.

Bei der Berechnung des Kindesunterhaltes bleibt wie bisher ein festgelegter Selbstbehalt auf dem Konto des Unterhaltspflichtigen. Alsdann aber überweist er zunächst seinen Kindern aus alter und neuer Beziehung das Geld. Hat er anschließend noch etwas übrig, bekommen auch Ex- und neuer Partner Geld. Denn nach der Scheidung gilt jetzt das Prinzip der Eigenverantwortung, es sorgt also jeder für sich selbst. (siehe Tabelle) Für die Pflege eines über Dreijährigen soll nur noch Unterhalt nach Billigkeit gewährt werden, abhängig vom Wohl des Kindes und der verfügbaren Betreuung.
Der Bonner Notar Michael Uerlings ist sicher: Das Gesetz wird einen weiteren Geburtenrückgang verursachen. Und nicht nur Uerlings kritisiert das neue Recht. Am 12. Januar ist bereits eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingegangen (Az. 1 BvR 97/08). Klarheit werden erst die Urteile in den nächsten Jahren bringen, doch das richtige Verhalten ist schon heute gefragt. Hier die wichtigsten Verhaltensregeln:

Was Männer beachten müssen

Endgültig entzweit, ist es für den Mann finanziell am günstigsten, schnell die Scheidung einzureichen. Gilt doch während der Trennung das Solidaritätsprinzip der Ehe, erst nachher die Eigenverantwortlichkeit. Auch Klaus Schilling* aus Berlin wartet auf das amtliche Aus, dann wird das Leben billiger für ihn. “Ich überweise rund 500 Euro für unsere Kinder. Außerdem tilge ich die Hypothek mit 2000 Euro und zahle zusätzliche Hauskosten von rund 500 Euro im Monat”, sagt er. Der Steuerberater, 48, verdient im Schnitt 3000 Euro netto. Nach dem Urteil soll das Haus verkauft werden. Er hat 1995 geheiratet, seine Tochter ist zehn Jahre alt, der Sohn acht. Da seine 43-jährige Frau Produktmanagerin ist, geht er davon aus, ihr künftig keinen Unterhalt mehr zahlen zu müssen.
Schilling steht vor der Scheidung, andere sind längst wieder in festen Händen. Für sie ist die Reform von Vorteil. Thomas von der Wehl, Rechtsanwalt aus Kiel: “Männer, die auch mit ihrer zweiten Ehefrau Kinder haben, profitieren. Ihre neue Familie wird mehr Geld zum Leben haben.”
Einen indirekten Nachteil müssen sie dennoch in Kauf nehmen: Der frühere Unterhalt für die Ex-Frau war als Sonderausgabe steuerlich abzugsfähig. Dieser Abzug wird künftig mit ausbleibender Zahlung aber ebenfalls entfallen. Am Ende spart also in allererster Linie der Staat.

Was Frauen beachten müssen

Zunächst einmal hat die neue Gattin Grund zum Jubeln. “Vor 2008 gingen die zweite und dritte Ehefrau mit Kind oft leer aus, weil der Mann den Unterhalt für ihre Vorgängerin zahlen musste und meist nicht über genügend Einkommen verfügte, den Bedarf der späteren Frauen zu gewährleisten. Diese Rangfolge gilt jetzt nicht mehr”, sagt die Bremer Anwältin Ute Mix.Umgekehrt betrachtet, kann die erste Frau in die Bredouille geraten, und deshalb sollte sie rechtzeitig vorbeugen. “Ich empfehle jetzt jeder künftigen Ehefrau, einen Ehevertrag abzuschließen”, sagt Renate Perleberg-Kölbel, Rechtsanwältin in Hannover. Die Frau sollte mit ihrem Partner festhalten, wie sie die Ehe gestalten möchten. Rechtsanwältin Ingrid Frank aus München: “Wichtig ist dabei beispielsweise, ob und wie lange die Frau nach der Geburt der Kinder zu Hause bleiben will.” Die Berliner Rechtsanwältin Kirsten Schimmelpenning unterstreicht: “Überdies sollte sich der Mann verpflichten, der Frau im Falle einer Trennung so lange Unterhalt zu zahlen, bis die Kinder ein gewisses Alter erreicht haben”, sagt Schimmelpenning. Sie empfiehlt solche Vereinbarungen auch für bereits geschlossene Ehen.
Fehlt so eine Klausel, kann es Streit geben wie bei Sandra Winter* aus Bremen. Sie lebt seit zwei Jahren alleine mit ihrem achtjährigen Sohn und wartet auf die Scheidung. Geheiratet hat sie 2001, doch bald begannen die Probleme. “Mein Mann wollte nicht, dass ich wieder arbeite. Ich sollte unser Kind zu Hause versorgen”, sagt die 44-jährige. Gegen seinen Willen nahm sie eine Teilzeitstelle an, das Paar stritt immer häufiger.
Vor Gericht könnte sie den Kürzeren ziehen, wenn sie ihre Lage nicht glaubhaft darstellen kann. Anwältin Mix: “Eine Frau sollte darauf hinweisen, welche Nachteile sie in ihrer Ehe hatte, etwa durch die von beiden gewollte Rollenverteilung.” Prüft das Gericht dann die Frage, ob der Vater über den dritten Geburtstag des Kindes hinaus Unterhalt zahlen muss, und hatten die Eltern vor der Trennung eine entsprechende Vereinbarung getroffen, wird diese nicht mit dem Scheitern der Ehe gegenstandslos. Hat die Frau nichts Schriftliches in der Hand, sollte sie nach Zeugen der Vereinbarung suchen.
Am Ende profitieren Frauen vor Gericht aber vom Vertrauensschutz. Das beweist ein Fall, der vor Kurzem vom Amtsgericht Hannover entschieden wurde. Dort erstritt eine Frau – neues Unterhaltsrecht hin oder her – für sich und ihr vierjähriges Kind rund 1400 Euro zusätzlichen Unterhalt von ihrem gut verdienenden Ex-Mann

* Name von der Redaktion geändert


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